1902 wird der evang. Kirchenbauverein gegründet. Röthenbach ist in den vorhergehenden 20 Jahren zu einer kleinen Stadt mit über 2100 Einwohnern angewachsen. Jetzt empfinden es die Evangelischen als beschwerlich, über den Alten Kirchenweg nach Rückersdorf hinüber zu laufen. Auch der Betsaal im 1905 errichteten Pfarrhaus ist auf die Dauer keine zufriedenstellende Lösung.
Der Bauverein verwirft 4 Entwürfe von Hans Fourné, der das Rathaus gebaut hat. Es wird schließlich Heinrich Hauberrisser als Architekt gewonnen, der Sohn von Prof. Georg von Hauberriser, der das neue Rathaus in München gebaut hatte. Am 26. September 1909 findet die Grundsteinlegung statt. Kommerzienrat Friedrich Conradty, der große Förderer, ist leider kurz vorher, Anfang Juli, verstorben. Seine Frau Paula wird weiterhin tatkräftig den Kirchbau unterstützen.
Am 19. Februar 1911 läuten zum ersten Mal die Glocken, einschließlich der großen Glocke, deren Inschrift mit Hiob 19,25 verkündigt: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“ Doch der Bau, vor allem im Innenbereich, verzögert sich. Der Inschrift am Nordportal mit dem Jahr 1911 als Bauende ist falsch, bleibt aber so erhalten.
Schließlich kann Pfarrer Adolf Flierl die „verehrliche Gesamteinwohnerschaft“ für den 17. Mai 1914 zur Einweihung einladen. Hierbei singt der Chor vom Turm herab das Lutherlied „Ein feste Burg ist unser Gott“. Die pneumatische Orgel aus der Nürnberger Orgelwerkstatt von Johannes Strebel findet besondere Aufmerksamkeit, sie ist eine von nur vier Orgeln dieser Firma, die mehr als 30 Register haben. Kurze Zeit danach, Anfang August, bricht der Erste Weltkrieg aus.
Die Jugendstilfenster im Westchor sind der letzte große Auftrag, den der englische Künstler Walter Crane ausführen kann. Kurz nach dem tragischen Unfall seiner Frau verstirbt er im März 1915. Die Fenster sind so kurz vor dem Ersten Weltkrieg wie ein letztes Zeichen eines europäischen Miteinanders, bevor Hass und Feindschaft das Verhältnis zwischen den Nationen vergiften.
Anfang 1934 schlägt der Blitz im Kirchturm ein. Es wirkt wie ein böses Zeichen für die schwere Zeit im Nationalsozialismus. Im September 1941 wird in Heilig Kreuz der erste Trauergottesdienst für Gefallene gehalten, im September 1942 wird der Luftschutzkeller ausgebaut.
In der „schwersten Stunde unserer Kirche“ treffen beim Fliegerangriff am 27./28. August 1943 sechs Stabbrandbomben die Kirche. Zum Glück kann Schlimmstes durch Pfr. Rudolf Ruf und die Feuerwehr verhindert werden.
Im Februar 1944 werden die Chorfenster herausgenommen, gerade noch rechtzeitig vor dem schweren Bombenangriff am 31. März, bei dem 25 Menschen in Röthenbach getötet werden. Die Jugendstil-Glasfenster von Walter Crane werden vor der Vernichtung bewahrt. Leider wird aber das Buntglasfenster beim Taufstein, das Johannes den Täufer zeigt, zerstört.
Anfang April 1945 besetzt eine SS-Einheit die Kirchenanlagen. Doch am 16. April ziehen die Amerikaner in Röthenbach ein und feiern am Sonntag darauf einen Feldgottesdienst in Heilig-Kreuz. Beim 40-jährigen Kirchenjubiläum, 1954, erhält die Kirche den Namen „Heilig-Kreuz-Kirche“, sicher auch im Andenken an die schweren Erlebnisse im II. Weltkrieg.
Im Rahmen der Renovierungsarbeiten Mitte der 50-er Jahre werden die Gewölbemalereien des Münchner Buchillustrators Köllnsberger nüchtern weiß übertüncht. 1969 wird die elektrische Kirchenbankheizung eingebaut. Aber so richtig warm kriegt man die Kirche im Winter weiterhin nicht.
1973 wird in der Heilig-Kreuz-Kirche der erste ökumenische Gottesdienst gefeiert. 1978 findet Ella Conradty in der Familiengruft ihre letzte Ruhe. Durch den Bau des Gemeindehauses 1980/81 gewinnt die Kirchengemeinde einen zweiten Gottesdienstraum im Ortsteil Seespitze, der sich gut für Familiengottesdienste eignet.
1986 wird die Kirche unter Denkmalschutz gestellt. In den folgenden Jahren werden Gewölbemalereien und Kronleuchter wieder in ihrer ursprünglichen Pracht rekonstruiert. Seitdem können sich die Röthenbacher an der Heilig-Kreuz-Kirche in ihrer ursprünglichen Gestalt und Schönheit freuen. Getrübt wird die Freude beim Pfingstfest 1991, als nachts Unbekannte Steine auf das Mittelfenster werfen. An 31 Stellen werden die Scheiben durchlöchert.
Im Jubiläumsjahr 2014 feiert die Kirchengemeinde mit einem bunten Reigen an Veranstaltungen und lässt durch festliche Gottesdienste, Konzerte, Kabarettveranstaltungen und vieles mehr erahnen, wie lebendige Kirche in der heutigen Zeit aussehen kann.
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